Manchmal wird am Ende doch alles gut – oder zumindest besser. Im Monat Mai verlassen zwei Frauen und ihre Kinder unsere Zufluchtswohnungen in ihr neues, selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt. Das macht uns sehr glücklich und bestärkt uns unsere Arbeit genau so weiterzumachen.
Als die Mütter zu uns kamen…
Schwierige Trennung vom gewalttätigen Partner
Als die Mütter zu uns kamen – in Angst, verletzt und mit vielen offenen Fragen – gab es für uns eine Menge zu tun, um ihr Leben zu stabilisieren: Die eine Mutter hatte sehr kleine Kinder. Sie haben nicht verstanden, warum ihr Vater sie und die Mutter schlecht behandelte, warum sie ihr Zuhause verlassen mussten und warum sie ihn gar nicht mehr sehen konnten. Die Trennung vom Partner war ein sehr schwieriger Prozess. Wir begleiteten die Familie einige Monate und unterstützten sie bei der Suche nach einer neuen Wohnung sowie einer Kita für die Kinder.
Sonderfall gehörloses Kind betreuen
Die andere Mutter kam mit ihren Kindern aus einem Frauenhaus. Viele behördliche Fragen waren offen. Es war nicht leicht, diese alle zu klären – vor allem, weil ein Kind gehörlos ist. Hilfreich war, dass eine unserer Zufluchtswohnungen speziell für Gehörlose ausgestattet ist. Mehr als ein Jahr haben wir benötigt, um bei den verschiedenen Behörden wie dem Jobcenter, dem Jugendamt und dem Gericht die Probleme zu lösen. Unterstützt haben uns dabei viele andere Fachleute* wie Anwältinnen, Ärztinnen, Lehrerinnen, die Kita und die Mitarbeiterinnen des Cochlea Implantat Zentrums sowie die freien Träger Sinneswandel gGmbH und Unerhört e.V.
Es ging bei beiden bergauf, Stück für Stück. Wir haben geholfen den Papierkram zu bewältigen, den Umgang mit den Partnern zu klären und eine neue Wohnung zu suchen. Vieles hätten die Frauen allein gar nicht geschafft, obwohl beide Frauen sehr stark sind und sich liebevoll um ihre Kinder kümmern. Denn die Belastung war auf allen Seiten sehr hoch.
Ein Grundstein legen für ein gewaltfreies Leben
Unsere Erfahrung ist: Alles braucht seine Zeit – jeder Mensch, jedes Problem, jede Belastung. Es muss ein Grundstein gelegt werden für ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben und vieles muss gelernt werden. Es geht nicht darum, alles allein schaffen zu müssen, sondern darum, es für sich passend zu gestalten und entscheiden zu können: Wann brauche ich was? Welche Unterstützung wäre jetzt gut? Wie kann ich was erreichen? Für uns geht es immer darum, individuell hinzuschauen. Manchmal gibt es Phasen, die schwer auszuhalten sind und dann trösten wir: “Warten Sie ab, es wird sich von einem auf den anderen Tag verändern.” Und so ist es jedes Mal.
25 Jahre Erfolgsmodell Zufluchtswohnung
Unsere 25jährige Erfahrung zeigt, dass die engmaschige Betreuung in den Zufluchtswohnungen ein echtes Erfolgsmodell ist. Über 90 % der Frauen* aus den Zufluchtswohnungen schaffen den Schritt in ihr eigenes Leben und gehen nicht mehr in eine von Gewalt geprägte Beziehung zurück. In einer Übergangszeit von ein bis zwei Monaten betreuen wir die Frauen weiter und bleiben weiterhin Ansprechpartnerinnen für sie. Doch bald brauchen sie das nicht mehr. Das ist ein sehr schönes Gefühl und eine Bestätigung für unsere Arbeit.