„Was Männer nie gefragt werden“ – so lautet der Titel von Fränzi Kühnes Buch, aus dem sie am 17. September 2021 vorgelesen hat. Fränzi Kühne ist nicht nur Digitalexpertin und Mit-Gründerin einer der erfolgreichsten deutschen Social-Media-Agenturen, sondern auch jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands. Und sie ist Mutter. In ihrem Buch berichtet sie von ihren Erfahrungen in einer sexistischen Arbeitswelt. In ihrem Buch dreht sie das nun um und stellt alle diese Fragen einmal bekannten Männern. Die Ergebnisse sind überraschend. Moderiert hat die Lesung Astrid Landero.
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„Was hat es damit zu tun, dass ich eine Frau bin?“
Die gebürtige Pankowerin hat in ihrem bisherigen Leben schon viel erlebt. Als Jugendliche war sie Punkerin, danach folgte ihre HipHop-Phase und als junge Erwachsene wollte sie Kriminalkommissarin beim BKA werden. Das BKA lehnte sie jedoch ab, da sie „zu stressresistent“ sei. Aber das sei nur ein Codewort für zu viele Frauen in einem Bewerbungsjahr wie sie später erfährt. Diesen Moment bezeichnet sie rückblickend als ersten Berührungspunkt mit dem Thema der geschlechtlichen Diskriminierung in der Arbeitswelt. Damals fragte sie sich noch „Was hat das denn damit zu tun, dass ich eine Frau bin?“.
Später gründete sie mit Freunden zusammen TLGG, die erste Social-Media-Agentur Deutschlands. Mit der Zeit wurden sie zu den Expert*innen der Social-Media-Branche und die Firma wuchs. 2016 bekam Kühne dann das Angebot Aufsichtsrätin der Freenet AG zu werden. 2020 stieg sie bei TLGG aus, um eine Weltreise mit der Familie zu machen. Doch wie so vielen machte die Corona-Pandemie ihr einen Strich durch die Rechnung. So hatte sie Zeit ihre Idee für das Buch „Was Männer nie gefragt werden“ zu verwirklichen.
Fragen, die Männern nicht gestellt werden
- Was werden Sie morgen anziehen?
- Wie bekommen Sie Karriere und familiäre Verpflichtungen unter einen Hut?
- Was müssen Frauen anders machen, um erfolgreich zu sein?
Fragen wie diese bekam sie als Frau in der Arbeitswelt und besonders als junge, weibliche Aufsichtsrätin immer wieder gestellt. Ihre Identität als Frau wurde in jedem Gespräch und in jedem Interview damit besonders betont. Aussehen, Klamotten, Vorbild in einer Männerwelt sein – in den Interviews schien es weniger um Fränzi Kühne zu gehen, sondern mehr um das Rollenbild von Frauen in unserer Gesellschaft. Fragen über Fragen, die männliche Aufsichtsräte nicht zu hören bekommen.
Immer wieder behaupteten Personen, Männern würden diese Fragen auch gestellt. Doch Fränzi Kühne stellt fest, dass es einen Unterschied zu den Fragen gibt, die an Frauen gerichtet werden: Bei Männern rücken sie nur in den Fokus, wenn sie gezielt als Familienvater oder Luxusuhrenträger porträtiert werden sollen. Bei Frauen hingegen spielt es keine Rolle, in welchem Kontext ein Artikel oder Interview steht. Ihnen werden diese Fragen immer gestellt. Und zwar weil sie Frauen sind. Doch „die Fragen sind nicht das Problem, aber sie sind das Symptom des Problems“.
Männer und Macht
Fränzi Kühne spricht davon, dass sie teilweise eine unangenehme Distanzlosigkeit verspürte, wenn sie „mächtigen Männern“ Fragen beispielsweise nach dem Beförderungspotential ihres Aussehens stellte. Eine fehlende Distanz, die Interviewer*innen bei ihr und anderen Frauen anscheinend nicht verspüren.
Ein interessanter Moment, der Kühne im Kopf geblieben ist, ist das Lachen eines Interviewpartners auf die Frage, ob er glaubt ein Vorbild für junge Männer zu sein. Er hätte darüber noch nicht nachgedacht. Männer sind sich dessen nicht bewusst, dass sie in dieser Welt für andere Männer ein Vorbild sein sollten.
Doch in mehreren Interviews fielen Textteile im Freigabeprozess weg. Was ist da los? Haben die Männer Angst? Und wenn ja, wovor haben die Männer Angst? Astrid Landero und Fränzi Kühne sind sich schnell einig, dass die Männer fürchten ihre Machtpositionen zu verlieren. Denn zur Macht gehört es „nicht zu menschlich zu sein“.
Für mehr weiblichen Mut und Widerstandskraft
Im Gespräch wird zudem deutlich: Das Patriarchat funktioniert nur, wenn beide Seiten mitmachen. Fränzi Kühne betont: „Es ist egal, was die anderen denken. Es geht um die Sache und darum Dinge voran zu bringen.“ Sie plädiert für mehr weiblichen Mut und Widerstandskraft.